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Petra Göllner

Theoretische Hilfen und Gesprächsangebote für ein sexualpädagogisches Konzept für Kindergärten





W A S   I S T   S E X U A L I T Ä T

Wir alle wissen: das Geschlecht eines Menschen wird bei der Befruchtung festgelegt. Aber das man in den ersten Wochen des Lebens zwischen dem weiblichen und männlichen Embryo noch nicht unterscheiden kann, wird oft nicht zur Sprache gebracht. Spätestens bei der Geburt wird sichtbar, ob es ein Mädchen oder ein Junge ist. Aber durch den Fortschritt der heutigen Medizin im gynäkologischen Bereich kann man schon viel früher feststellen, ob ein Mädchen oder ein Junge zur Welt kommt.

Das Geschlechtsteil ist für die meisten Menschen das erste und einfachste Unterscheidungsmerkmal bei einer Geburt. Ganz selbstverständlich wird von den Eltern und von der Umwelt das Kind mit dem weiblichen Geschlechtsorgan als Mädchen erzogen --- und das Kind mit dem männlichen Geschlechtsorgan als Junge erzogen. Die meisten dieser Kinder werden sich später auch selbst als weiblich/männlich identifizieren.
Aber was ist mit den Kindern die als weiblich/männlich erzogen werden, sich aber nicht so fühlen? Es wird für sie in ihrem Erwachsenenleben meist soziale und emotionale Schwierigkeiten geben. Sie werden häufig Beratung und Hilfe benötigen in ihrer sexuellen Entwicklung.
Aber auch bei den Menschen, bei denen die Rolle Frau/Mann klar ist, kann es Unsicherheiten geben. Die Gesellschaft erwartet von Frau/Mann, weil sie unterschiedlich aussehen, dass sie sich auch unterschiedlich verhalten.

In neuerer Zeit ist man aber zu der Erkenntnis gekommen, dass Frauen und Männer nicht so sehr verschieden sind. Selbst das typische Rollenverhalten wie z.B. Frauen hüten das Haus --- Männer verdienen das Geld, kommt in unserer Zeit nicht mehr oft vor. Es ist in den heutigen Familien selbstverständlich geworden, dass die Frau ihren Beruf und der Mann sich auch um Haushalt und Kinder kümmert.

Eltern, die ihren Kindern so ein partnerschaftliches Familienbild vermitteln, legen wichtige Vorraussetzungen für Gleichberechtigung, Gleichwertigkeit und Selbstbestimmtheit. Gerade in der Familie können Kinder hautnah am konkreten Beispiel Partnerschaft erleben, in der ausgehandelt wird, wer was macht. Auch unangenehme Pflichten sollten nicht nur von einem Partner übernommen werden. Es sollte dafür gesorgt werden, dass für alle Familienmitglieder Freiräume geschaffen werden um sich ein Leben nach seinen Vorstellungen zu ermöglichen. Kinder sollten ein damit verbundenes Aushandeln eines solchen Zusammenleben durchaus miterleben.

Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl werden dadurch bei den Kindern entwickelt, dass für ihre spätere Partnerschaft wichtige Voraussetzungen schafft.
Jeder Mensch ist von der ersten bis zur letzten Sekunde seines Lebens ein Wesen, das durch seine Sexualität bestimmt wird




S E X U A L E R Z I E H U N G

Sexualerziehung wird heute weit mehr verstanden als noch vor wenigen Jahren. Früher ging es vor allem um Information und Wissensvermittlung über den eigenen Körper und den des anderen Geschlechts. Wenn es um den Ablauf körperlicher Liebe ging, wurde darüber nur schamhaft und nur so weit wie „nötig“ geredet.

Heute wird Sexualerziehung viel erweiterter und unabtrennbar von der Persönlichkeitsbildung gesehen. Sie ist auf alle Fälle viel mehr als eine AUFKLÄRUNG über das unterschiedliche Aussehen von Mann und Frau, oder auch AUFKLÄRUNG über körperliche Liebe und die Entstehung eines neuen Menschen.

Es werden emotionale und soziale Aspekte in die Sexualerziehung mit einbezogen, weil man nach dem heutigen Wissensstand die Sexualität als ein Grundbedürfnis und wichtiger Bestandteil der menschlichen Persönlichkeitsbildung ist.

Sexualerziehung hilft mit Schritt für Schritt ein gutes Körpergefühl und Respekt vor dem eigenen Körper aufzubauen. Sie soll bei Mädchen wie bei Jungen zu guten Gefühlen verhelfen, so dass aus Individuen Partner werden, die sich im Leben schätzen und respektieren. Im Laufe der Zeit werden dann die nötigen Fähigkeiten entwickelt, um mit anderen Menschen verschiedenen und anderen Geschlechts zusammenzuleben.

Aber auch eine gewisse Prävention vor Missbrauch jeglicher Art sollte man bei der Sexualerziehung nicht aus den Augen verlieren. Kinder die gelernt haben zu unterscheiden was GUT ist und was SCHLECHT für ihren Körper—was mir gefällt und was nicht, können den Mut aufbringen NEIN zu sagen.

Sexualerziehung ist auch eine wichtige Vorbereitung auf eine Liebespartnerschaft. Diese Partner werden selbstbewusst, einfühlsam und verantwortungsbewusst miteinander umgehen, ohne aber von einander abhängig zu sein.

Aber dazu sind positive Erfahrungen in den verschiedenen Entwicklungsstufen eines Kindes wichtig , lange bevor sie eine sexuelle Beziehung eingehen. Ist die Sexualerziehung kindgemäß, wird das Selbstbewusstsein gestärkt und trägt dadurch zur Stabilität der Persönlichkeit bei. Es werden Missverständnisse, Unsicherheiten und Ängste abgebaut.

Die Erfahrungen die ein Säugling mit den vertrauten Bindungspersonen wie zum Beispiel Eltern ,Geschwister und später auch Gleichaltrige hat, beeinflussen das individuelle Erleben und Befinden. Wichtig ist das Gefühl als Neugeborenes angenommen und geliebt zu werden.

In der heutigen Zeit werden die verschiedensten Mutter und Kind Gruppen angeboten die diese Gefühle wecken sollen. Ein Beispiel waren die Prager Eltern Kind Schule P E K I P in denen Übungen mit Säuglingen gemacht werden die die Sinne und Reflexe schulen. Es werden zum Beispiel Füße und Handflächen massiert und stimuliert die Strömungen an das Gehirn weitergeben. Auch in gemeinsamen Stillgruppen werden die Innigkeit und der Hautkontakt zwischen Mutter und Kind gefördert.

In den Kindheitsjahren hat Sexualerziehung viel mit Bindungserfahrung und Akzeptanzerfahrung zu tun. Durch Hautkontakt und Geborgenheit, mit Respekt vor dem kindlichen Körper , mit Akzeptanz vor kindlichen Gefühlen können Erwachsene die Kinder auf einen guten Weg bringen.

Sexualerziehung im Kindergarten ist allerdings kein Neuanfang, sondern die Kinder können auf schon gelerntes aus der Familie aufbauen.
Das Kindergartenalter ist eine Zeit in der vorpupertären Sexualentwicklung und für die Kinder werden Dinge wichtig wie z.B. die Neugier über den eigenen Körper und den der anderen...
Die Fähigkeit Gefühle für sich und andere entstehen zu lassen...
Die Unterschiede Mädchen/Jungen Frau/Mann zu verstehen...
Sich selber als Individuum akzeptieren...
Scham, Intimität mit der körperlichen Liebe zuzulassen...




E L E M E N T A R B E R E I C H

Im Elementarbereich, also Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren, wird im KINDERGARTEN ODER KINDERTAGESSTÄTTE in vielen Bereichen auf die Schule vorbereitet. Ganz selbstverständlich werden Konzeptionen geschrieben, in denen z.B. von Rollenspielen und Puppenecken die Rede ist.
Über gewisse DOKTORSPIELE wird offiziell nicht geschrieben, aber sie werden toleriert. Kommen Kinder mit Fragen über Sexualität, werden die Erzieherinnen versuchen, sie zu beantworten.

Doch in vielen Einrichtungen ist die Sexualpädagogik noch kein selbstverständliches Thema. Gründe dafür könnten bei der Unsicherheit der Erzieherinnen liegen, denn für den Elementarbereich gibt es wenig methodische und didaktische Hilfen.
Oft sind aber auch gerade die Eltern der Meinung, Sexualerziehung ist eine intime und private Sache die in das Elternhaus gehört, oder Zeit hat, bis die Kinder zur Schule gehen.
Aber gerade in der heutigen Zeit wird durch die MASSENMEDIEN wie Fernsehen, Zeitungen und Computer viel offener und freizügiger mit dem Thema Sexualität umgegangen. Es werden ganz selbstverständlich leicht oder gar nicht bekleidete Menschen in eindeutigen Posen gezeigt.
Computerkultfigur LAURA CROFT wird mit superlangen Beinen und übergroßem Busen dargestellt. Auch Barbiepuppen sind seid vielen Jahren das Lieblingsspielzeug vieler Mädchen.
Es wäre also weltfremd zu denken, die Kinder brauchen erst ab einem „gewissen“ Alter Sexualaufklärung.

Doch mit dem Vermitteln von Sachinformationen ist es nicht getan.
Mindestens seit Sigmund Freud ist uns bekannt, dass auch Kinder in den ersten Lebensjahren Menschen mit geschlechtlichen Regungen und Bedürfnissen sind. Es ist also nicht außergewöhnlich, wenn Kleinkinder sich an den Genitalien herumspielen und dabei auch sexuelle Regungen und lustvolles Erleben zeigen.
Gerade Kindern im Elementarbereich können durch Spiele jeglicher Art (Tast-, Finger-, Rollen-, Kreis-) die Gesamtheit des Körpers bewusst gemacht werden. Auch im Rahmen einer Gesamterziehung sollte die Sexualerziehung mit einbezogen werden, aber nicht als einmalige Aufklärung, sondern als ein langer Lebensprozess.

Gerade im Zusammensein von Mädchen/Jungen im Kindergarten ergeben sich viele Situationen und Möglichkeiten um über Sexualität zu reden. Die Sprachbeherrschung und die sozialen Kontakte der Kinder nehmen zu und Ihre Neugier wächst. Es wird in den Einrichtungen „Mutter, Vater, Kind" gespielt, aber auch „Doktorspiele“ sind keine Seltenheit. Die Kinder sind am menschlichen Körper und seinen Funktionen sehr interessiert, für sie sind diese Spiele etwas ganz normales. Sexualerziehung im Kindergarten ist allerdings kein Neuanfang, sondern die Kinder können auf schon gelerntes aus der Familie aufbauen. Das Kindergartenalter ist eine Zeit in der vorpubertären Sexualentwicklung und für die Kinder werden Dinge wichtig wie z.B.
- die Neugier auf den eigenen Körper und den der anderen,
- die Fähigkeit, Gefühle für sich und andere entstehen zu lassen,
- die Unterschiede Mädchen/Junge, Frau/Mann zu verstehen,
- sich selber als Individuum zu akzeptieren,
- Scham, Intimität mit der körperlichen Liebe zuzulassen,
- den Unterschied erkennen zwischen Freundschaft und Liebe.




Z I E L S E T Z U N G E N

Kinder zu einem selbstverantworteten Sexualverhalten zu verhelfen durch:
- Entwicklung eines gesunden Schamgefühls
- Erwerb von sexuellen Informationen
- Erlernen der sexuellen Erlebnisfähigkeit

Ein dem Alter des Kindes und seiner Lebenssituation angemessener Umgang mit Fragen, die im Zusammenhang mit der Sexualität stehen.

Eine Aufklärung, die die eigene Entwicklung beinhaltet und die die Kenntnisse des Kindes aufgreift.

Ein Gefühl für den eigenen Körper und die Signale, die er aussendet, entwickeln und die Fähigkeit, dabei „GUTE von SCHLECHTEN“ Gefühlen zu unterscheiden.

Ein Gespür für die eigene Schamgrenze und die der anderen entwickeln, erkennen und respektieren.

Die Kinder zu Persönlichkeiten zu erziehen mit dem Ziel einer gemeinsamen Erfüllung und Befriedigung in einer späteren Partnerschaft.

Den Erwachsenen eine Einführung in die kindlichen Sichtweisen geben und ihnen die Verantwortung gegenüber den Kindern bewusst machen.

Mit Kindern so offen über das Thema sprechen, wie man es selber für sich kann.




E L T E R N A R B E I T

Elter fehlen oft die passenden Worte mit ihren Kindern über Liebe und Sexualität zu reden. Wenn man bedenkt WIE viele Eltern aufgeklärt worden sind, ist das nicht verwunderlich sondern ganz normal. Das sollte Eltern aber nicht erschrecken und nicht davon abhalten es doch zu versuchen. Es wäre fatal, wenn Eltern denken sie könnten es genauso halten wie ihre Eltern. Die Welt in der wir leben verändert sich so auch die Erziehung zur Sexualität.

Eltern sind ganz wichtige „WEGBEREITER“ bei der Entwicklung und Sexualentwicklung ihrer Kinder. Sie sollten nicht nur versuchen einfühlsame Gespräche zu führen, sondern auch Vorbilder für ihre Kinder sein. Sie übernehmen instinktiv was ihre Eltern ihnen vorleben.

Grundsätzlich beginnt die Sexualerziehung bei der Geburt eines Kindes und endet oftmals wenn der junge Mensch seine Reife erreicht hat. Sexualerziehung ist eine Erziehung, die in jedem Entwicklungsabschnitt eine andere Gewichtigkeit bekommt. Sobald die Kinder eigenen Beobachtungen zu diesem Thema machen werden sie Fragen nach z.B. ihren eigenen Körper, Geschlechter Mädchen/Jungen und eventuell auch Schwangerschaft stellen.

Die Antworten der Eltern sollten kindgerecht und altersabhängig sein damit die Neugier der Kinder befriedigt wird. Wenn ein drei jähriges Kind fragt woher die Babys kommen, braucht es noch nicht über den gesamten Geschlechtverkehr bescheid wissen. Bei kleinen Kindern sollte man immer wieder rückfragen, damit sichergestellt wird, ob sie die konkreten Beispiele verstanden haben. Nur durch Wiederholungen können Kinder auch in der Sexualerziehung Zusammenhänge und bestimmte Details lernen.

Die Eltern sind nach wie vor die wichtigsten Erzieher in Sachen Sexualität, denn sie geben bereits ihrem Säugling Informationen, Anschauung und Wertvorstellungen mit. Dazu gehören Mitteilungen über den Körper, das Geschlecht, den sexuellen Ausdruck und die Kommunikation aber auch über die Fortpflanzung, die Beziehungen und die Achtung des eigenen Körper und den des anderen.

Viele der heutigen Eltern sind aber zu einer Zeit aufgewachsen, in der man über SEX noch nicht so offen sprach. Kinder gehen aber meist unbefangen mit diesem Thema um, wenn Erwachsene ihnen positive und sachkundige Botschaften übermittelt haben. Dieses ist wichtig für die Kinder damit sie eine positive Einstellung zur Sexualität entwickeln.
Die betreffenden Erwachsenen sollten sich aber vorher über ihre eigenen Wertvorstellungen ,Anschauungen und persönliche Normen in klaren sein.
Wer selbst eine positive Einstellung zur Sexualität hat und die der Kinder respektiert ist auf einem guten Weg. Es sollte einem klar sein, dass der Umgang mit der Sexualität ein lebenslanger Lernprozess ist bei dem man offen und ehrlich diskutieren sollte.




M E I N E     A N G E B O T E

GRUPPENABENDE
GRUPPENNACHMITTAGE
Für Eltern und Erzieherinnen die mit Kindern im Elementarbereich arbeiten

Kindliche Sexualität - Erwachsenen Sexualität

Was empfindet das Kind - was denkt der Erwachsene
z.B. Nackt herumlaufen - an den Genitalien spielen

Scham und Schamgrenzen
Wie erkenne ich meine Scham - Wie teile ich Sie mit - Was ist schamlos - Wann sind meine und andere Grenzen überschritten

Schlagwörter wie zum Beispiel:
Liebe, Zuneigung, Vertrauen, Anerkennung, Geborgenheit, Selbstvertrauen, Nein sagen, Gefühle zeigen, Zärtlichkeit, Liebesfähigkeit, Doktorspiele, Glück, Erfüllung, Intimsphäre, Stärken, Schwächen, eigene Bedürfnisse, gute und schlechte Geheimnisse, Jungen stark, Mädchen schwach?



Dortmund, Oktober 2001

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